Offenburg: V. Mustel, Paris

Im Dezember 2023 war Besuch in meiner Werkstatt. Dieses Mustel mit bewegter Geschichte, sollte für Aufnahmen wieder flott gemacht werden.

Vorallem die Balganlage brauchte Aufmerksamkeit, das Leder der Zwickel war nach 143 Jahren "durch". Die gebrochenen Faltenscharniere wurden schon einmal kunstvoll (wirklich!) repariert.

Nach längeren Überlegungen entschieden wir uns, nur die Schöpfbälge neu zu machen. Während der Besitzer seinen Balg "schlachtete", ....

... kümmerte ich mich um die Percussion. Die Tuchführungen der Stecher mussten erneuert werden.

Die Mechanikteile selbst waren in gutem Zustand. Hier ist bereits alles demontiert.

Nach dem Ausbohren der alten Führungen, konnte das neue Tuch eingebracht werden.

Währenddessen schritt die Demontage und Reinigung der Balganlage vorran.

Hier liegen die Einzelteile der beiden Schöpfer zur Trocknung.

Puzzle für Fortgeschrittene! Die Montage der Percussion übernahm der Besitzer selbst.

Bei der Kontrolle der Ventile fielen uns zahlreiche gebrochene Bündchen auf, welche erneuert werden mussten.

Dank passendem Leder, sind die Neuteile vom Bestand kaum zu unterscheiden.

Auch an den Ventilen der hinteren Spiele, waren zahlreiche Bündchen defekt.

Sieht aus wie vorher, nur in "stabil".

Das Gehäuse wurde schon mehrfach umgebaut und sollte so belassen werden. Aber am Boden gab es doch etwas zu tun, z.B. der Ersatz einer Tragekralle.

An den hinteren Füßen fehlten die Profilleisten.

Da das Instrument oft transportiert werden wird, wurde die Lücke zwischen den hinteren Füßen bis auf 2,5mm (in der Höhe) aufgefüllt. So lässt es sich besser über Kanten schieben.

Nach dem Auftrag der passenden Beize und etwas Öl, sah man vom "Neubau" nichts mehr.

Nach dem Jahreswechsel 23/24 ging es wieder los - aber nur eingeschränkt, das Knie machte noch Probleme.

Die Holzfalten wurden mit Leinenbänder paarweise "zusammengehängt" und das so entstandene Scharnier auf der Rückseite mit Leder abgedichtet.

Nun folgte die Fixierung der Falten auf dem Schöpferrahmen.

Bevor die Schöpfer auf der Trägerplatte ausgerichtet und befestigt wurden, musste eine passende Scharnierunterlage (für die Rahmen) angefertigt werden.

Nach einem Tag Trocknung, konnten die Schöpfer das erste mal geöffnet werden. In mehreren Schritten wurden nun die Leinenscharniere mit Lederbändern überdeckt.

Die Stabilität der Scharniere ist entscheident für die Funktion und Lebensdauer der Schöpfer. Dann ging es an die Anfertigung der Lederzwickel.

Einen Vormittag später war dann alles verschlossen.

Auf das Leder folgte das Papier.

Auch die Kanten wurden mit Papier beleimt, wie es Mustel schon 1880 getan hatte.

Mit den neuen Schöpfern, sollte das Spiel im GJ künftig kein Problem mehr sein :-).

Als nächstes müssen die Schöpf- und Fangventile erneuert werden, bevor es dann an die Expression und Doppelexpression geht.

Die Trägerplatten der Schöpfventile wurden komplett von der alten Beleimung befreit.

Neues Leder, neuer Filz - so sollte die Dichtung kein Problem sein.

Mit der Montage der Platten, waren die Arbeiten am Blag abgeschlossen.

Unter Zuhilfenahme meines Aufzugs, wurde der Balg vorsichtig zurück ins Gehäuse bugsiert.

Der Anschluss der Trittmechanik war dann schnell erledigt. Die schräge Aufnahme der GJ-Welle ist zwar "unkonventionell" aber original.

Im Windkasten wurden nun die neuen Fangventile eingeleimt und das Expressionsventil montiert.

Nach der Überprüfung der Doppelexpression (Leder dicht, alles leichtgängig), konnte auch diese wieder montiert werden. Zum Schluss gab es eine neue Dichtwulst auf den Kastenrahmen samt Steg.

Auch am Registerbrett mussten einige Bereiche der Dichtwulst ausgetauscht werden.

Ein paar Registerventile hatten sich verzogen. Hier wurde das Leder abgezogen, der Ventilkörper abgeichtet und anschließend das originale Leder wieder aufgeleimt.

Vor dem Einbau der Registermechanik mussten die Bälge des Forte-expressif erneuert werden.

Hier liegen die fertigen Bälge, bereit zum Einbau.

Nachdem die Lade samt Registermechanik wieder eingebaut und alles eingestellt war, war die technische Seite abgeschlossen.

Nun galt es noch, die fehlenden Deckelriegel zu ersetzen. Bislang lag der Deckel nur auf und war gegen das Kippen nicht gesichert. Die beiden Riegelbleche (im Bild) waren noch vorhanden

Nach längerer Suche, konnten aus dem Nautikbereich passende Messingriegel besorgt und eingebaut werden.

Durch zwei Riegel auf jeder Seite, ist der Deckel nun auch in geöffnetem Zustand sicher auf dem Instrument fixiert.

Somit sind alle Arbeiten an diesem Instrument abgeschlossen, es fiebert nun der Abholung entgegen.

Erbauer: V. Mustel, Paris, Bj. 1880

System: Druckwind, Klaviaturen: C - c''''

Disposition: Metaphone, Forte fixe, Forte expressif, Harpe Eolienne 2Pds, Basson 8 Pds, Clairon 4 Pds, Bourdon 16 Pds, Cor Anglais 8 Pds, Percussion et Cor Anglais

Grand Jeu, Expression

Percussion et Flute, Flute 8 Pds, Clarinette 16 Pds, Fifre 4 Pds, Hautbois 8 Pds, Musette 16 Pds, Voix Celeste 16 Pds, Baryton 32 Pds, Forte expressif, Forte fixe, Metaphone

Kniehebel für Doppelexpression

Hackenhebel für Grand Jeu