Stuttgart: John Holt, Birmingham, Bj. 1935
Nach dem Abschluss der Orgelrestaurierung, ging es auch an dieser Baustelle weiter. Hier ein Bild vom Feb. 2018 (!), so sah das Instrument unrsprünglich aus.
Mittelerweile wurde das Instrument komplett restauriert und das ursprünglich stumme III. Manual mit einer kleinen 3-Register-Windlade zum Leben erweckt. Die Gehäuseerweiterung und alle techn. Einbauten wurden so ausgeführt, dass ein Rückbau jederzeit möglich ist.
Bevor mich die Müller-Orgel zur Pausierung dieses Projektes zwang (Platz und Zeit gingen aus), war ich mit der Anfertigung der Holzpfeifen beschäftigt.
Hier konnte es nun nahtlos weiter gehen. Die Kerne sind mit einer Bohrung versehen, durch welche die Windzufuhr geregelt werden kann, daher mussten auch die Vorschläge diese Bohrung erhalten.
Ein leichtes Übermaß der Bohrung ermöglicht die individuelle Platzierung des Vorschlages, die außen aufgesetzten Labien erlauben die Festlegung des Aufschnittes zum letztmöglichen Zeitpunkt.
Neben dem Gedeckt 8' (vorh. Bild), braucht es noch eine Flöte 4' sowie 12 Pfeifen einer Quinte 2 2/3' - hier liegt das Holz dafür.
Die Flöte war schon etwas mehr Arbeit. Mittels Bandsäge wurden die 30er Bretter zu den dünnen Pfeifenwandungen aufgetrennt.
Nach dem Urlaub, ging es mit den Holzpfeifen des Holt weiter. Im Bild sieht man die ausgehobelten Brettchen des 4' liegen.
Dann folgt das Deckelbrett, bevor im letzten Arbeitsgang die Pfeife mit der zweiten Seite verschlossen wird.
Anders als bei der Quinte, legen die Deckelbretter der Flöte gleich den Aufschnitt fest. Somit ist die Flöte dann "innen labiert".
Um den Labienbereich etwas zu stabilisieren (dünne Fichte), wurden die Schrägen mit Warmleim bestrichen.
Da die Ausbildung der Kernspalte hier etwas anders erfolgt, bekamen die Kerne eine Aufdoppelung aus Elsbeere.
Die Löcher für den Wind und die Windregulierung wurden passend gebohrt, dann folgte das Aufleimen der Doppel.
Hier sieht man meine "Pneumatikpresse". Statt die Pfeifenkörper mit zahllosen Klammern oder Zwingen zusammenzupressen, übernehmen dies zwei Montagebälge aus dem Fensterbau.
Hier nochmal im Detail (die Pfeifen sind noch nicht verputzt). Man sieht gut das innen liegende Labium (sieht man nicht), das obere Loch für den Wind der Kernspalte und das untere Loch zur Aufnahme der Windregulierung.
Nun wurden die Labien des 2 2/3' gefräst. Wie schon beim Gedeckt 8', werden diese von außen aufgesetzt.
Nach dem Verputzen der Teile, konnten den Pfeifen erste Klänge entlockt werden - funktioniert großartig!
Um die Pfeifen zum Sprechen zu bringen, fehlten neben Spunden und Oberlabien noch die Vorschläge. Auch diese wurden an der CNC-Fräse angefertigt.
Da die Labien außen aufgesetzt sind, empfiehlt es sich, die Kernspalten in den Vorschlägen zu machen.
Auch beim 4' wurden erste Probe-Vorschläge gemacht. Zwar sind die Labien nicht außen aufgesetzt, die Pfeifen aber innenlabiert, daher ist auch hier wieder die Kernspalte im Vorschlag.
Im Bild li und hier, sieht man den Dübel zur Windregulierung. Der Holzdübel hat keine scharfen Kanten und ist daher besser geeignet als eine Madenschraube. Zum Öffnen wird ein kleiner Keil in den Fuß geschlagen.
Nächste Woche werden die Spunde befilzt und beledert, die Vorschläge gefräst und dann geht es schön langsam mit den Stöcken los.
Wie angekündigt, ging es mit den Spunden weiter. Um die Dichtung flexibel zu halten, wurden alle Spunde mit einer Filzauflage versehen.
Nun kam der Spund samt pasendem Leder in der Pfeifenöffnung, der Überstand wurde fein säuberlich abgeschnitten.
Die gefrästen Kernspalten dienen der Orientierung und müssen bei der endgültigen Montage noch angepasst werden.
Nachdem die Pfeifenarbeit erledigt war, sollte es nun mit den Stöcken los gehen. Um die Lade wieder zugänglich zu machen, musste das Gehäuse weichen. Im Bild sieht man, wie gerade der Gehäusekranz abgenommen wurde.
Ohne Gehäuse ist der Blick auf die komplexe Mechanik des Instrumentes wieder frei - einfach ne Schau!
... aber das schöne Wetter lies mich diesen Plan verwerfen. Stattdessen kümmerte ich mich um die Prospektpfeifen, welche eine neue Lackierung erhalten sollten.
Schon bei der Anlieferung der Pfeifen stellte sich die Frage, wie ich mit dem alten Lack umgehen würde. Schleifen ist die gängige Methode, aber langwierig und oft unbefriedigend. Die Lösung brachte ein Strahlverfahren.
Hier ein Blick in die "Strahlkabine", welche ich aufgrund der Staubentwickung im Anhänger und nicht in der Werkstatt untergebracht habe.
Das Entlacken ging gut von der Hand und brachte ein umwerfendes Ergebnis. Nicht der kleinste Rest Lack blieb auf den Pfeifen zurück.
Ich ziehe meinen Hut vor den Pfeifenmachern, welche diese Arbeit abgeliefert haben. Jede Lötnaht ein Augenschmaus - und das in Zink!
Die blanken Zinkpfeifen waren schon schön, aber mit der neuen Lackierung sind sie echt eine Wucht! Die neue Farbe hat einen leichten Goldschimmer und passt so perfekt zum dunkelbraunen Gehäuse.
Nun ging es aber endlich mit den Stöcken los. Hier liegen die beiden "Deckseiten" der Stöcke, das Unter- (vorne) und Oberfurnier.
Dazwischen kommen mehrere Lagen aus feiner Elsbeere, welche hier noch im Urzustand liegt (60mm Brett).
Verleimt, aufgetrennt und ausgehobelt, dürfen sich die einzelnen Mittellagen nun im wahrsten Sinne des Wortes etwas "entspannen".
Die notwendigen Zapfen schnitt ich mit einer (für mich) neuen Methode an. Ging schnell und sehr präzise.
Im vorherigen Bild sieht man auch das Muster einer offenen Holzpfeife, wie sie endgültig aussehen wird. Als Fuß dient ein dünnes Messingrohr, die Windregulierung übernimmt der Dübel, welcher im Kern sitzt und durch den Vorschlag reicht. Auf diese Weise können kleinere Holzpfeifen so wie Metallpfeifen aufgestellt werden, sie benötigen kein Körperraster.
In den Herbstferien lag ich flach, die (normale) Grippe hatte mich erwischt. Zwischendrin kamen die neuen Pfeifen für das Holt an.
Hierbei handelt es sich um einen 2 2/3' ab c°. Die tiefen 5 sind doch gedeckt, was der geringen Einbauhöhe geschuldet ist.
Wie schon letztens beim Einbau der Gamba, kam auch diesmal wieder meine Einmess-Vorrichtung zum Einsatz.
Da sich die Verführungen über 4 Ebenen erstercken, sind diese Stöcke nicht gerade unkompliziert. Daher wurden zuerst einmal Dummies aus Sperrholz gefräste.
Schon spannend, wenn so ein Stock das erste mal auf der Lade liegt! Jetzt kann man schon sehen, wo und wie die Pfeifen zum stehen kommen.
Nach ein paar leichten Korrekturen, richtige Fehler waren nicht drin, ging es dann an das Fräsen der originalen Stockschichten (Lagen).
Der zweite Stock trägt die Register Harmonic 4' und Twelfth 2 2/3' (die neuen Pfeifen). In der untersten Lage war der G-Code (Programm für die Fräse) fehlerhaft = Ausschuss!
Aber auch für diesen Stock waren die Dummies irgendwann komlett und so konnten die Fräsgänge auf "Start und Ziel" überprüft werden.
Nein, die Stöcke werden nicht aus MDF! Die hier verwendete Rückwandplatte aus Altbeständen, dient nur als Versuchsobjekt.
Das Fräsen sämtlicher Stockteile war ein echter Kraftakt. Die Mittellagen, in welchen sich die Verführungen befinden, sind aus feinster Elsbeere, Ober- und Unterfurniere aus Eiche.
Hier sieht man die beiden Oberfurniere, welche die Löcher zur späteren Aufnahme der Pfeifen tragen. In den "großen" Löchern stecken die Rasterfüße.
Nun war es so weit, das Zusammenleimen der Stöcke begann. Im Bild sieht man die beiden seitlichen Stöcke (Bass- Pfeifen)
Hier sieht man nun endlich den Stockaufbau am fertigen Objekt. Ein Unterfurnier aus Eiche, 4 Mittellagen aus Elsbeere und das Oberfurnier wieder aus Eiche.
Nun konnten die fertig verleimten Stöcke schon mal grob zugerichtet werden, damit sie auf die Lade passten.
Traditionalisten werden sich nun mit Grausen abwenden, aber Taschenlochbohrungen sind hier eine ideale Befestigungsmöglichkeit.
Pfeifen, Raster und Nasen sind so aufeinander abgestimmt, dass die Pfeife mit ihrem Eigengewicht im Fußloch steht (locker im Raster).
Die kleinsten Pfeifen am Körperraster erhielten kurze Messinggröhrchen als Füße. Auch sie stehen mit ihrem Eigengewicht im Fußloch.
So sieht der Stock (fast) voll besetzt aus. Es fehlen noch die Diskantpfeifen des 4' (ganz rechts) und natürlich die Metallpfeifen der Quinte.
Um bei der Quinte den Übergang von Holz- auf Metallpfeifen etwas abzumildern und wegen der Einbauhöhe, sind die ersten Metallpfeifen noch gedeckt.
Die Metallpfeifen "hängen" noch im Fußraster, sie müssen erst noch passend eingebrannt werden (kommt nächstes Jahr).
!!! Fortsetzung folgt 2023 !!!