Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Buchloe:
Harmonium Estey, Brattleboro, USA, Bj. 1891

re: Bei geöffneter Rückwand sah das Instrument wenig spektakulär aus.

Dieses Estey Style 2000 "Romanesque", stand länger in einer Garage und man wusste nicht so recht, was man damit machen sollte. Nach erfolgter Besichtigung und Typisierung war klar - ein Wohnzimmerobjekt!

Doch schon hier erwies sich die Mechanik als sehr ausgefeilt. Ähnlich wie bei Mason & Hamlin, lies sich die Registermechanik wegklappen, um zur Klaviatur zu gelangen.

li: Die Balganlage war überarbeitungsreif.

re: Nach der kompletten Demontage, stand die Reinigung auf dem Programm.

Wer das erste Bild schon genauer angesehen hat musste feststellen, dass es sich hier um einen Klaviaturumfang über 6 Oktaven handelt. Very special !!!

re: Nach der Reinigung und ein paar leichten Retuschen, bekam das Gehäuse einen Ölauftrag.

Angesichts der vielen Verzierungen und Schnitzereien, war die Lackreinigung eine echte Herausforderung.

Am Gehäusedeckel war jede Reinigung vergebens, er musste entlackt und abgeschliffen werden.

li: Nun waren die Gehäuse-arbeiten erst einmal abge-schlossen.

Auch der abgeschliffene Deckel wurde geölt, mehrfach grundiert und mit mehreren Schichten Schellack versehen.

li: Mit dem Zerlegen der Balganlage ging es weiter.

re: Am Schluss blieben nur noch die losen Bretter übrig.

Anschließend wurden die Bretter gründlich von ihrer alten Beleimung befreit und auf Schäden kontrolliert.

Hier ist der Neuaufbau schon in vollem Gange. Die Schöpferplatten wurden an der Trägerplatte scharniert und neue Fangventile eingesetzt.

Zum Aufbringen der neuen Bespannung, eignet sich Warmleim am besten.

Auch der Magazinbalg wurde mit neuem, stabilem Balgtuch bezogen.

li: Nach dem Aufbringen der Schöpfventile, war der Balg bereit zur Montage.

re: Nur 6 Schrauben halten den Balg im Gehäuse. Die Dichtung zum Fundamentbrett wurde ebenfalls erneuert.

Schönes Detail: Der Teppich auf den Tritten ist noch original.

li: Das aus drei Schichten verleimte Fundament-brett zeigte Auflösungser-scheinungen.

Durch kleine Löcher wurde mit einer Spritze Leim in die Fläche gebracht und alles gut verspannt.

Deckel drauf - Unterbau fertig!

Die 6-Oktaven-Windlade füllt den gesamten Innenraum aus, wie man an der neuen Werkdichtung gut erkennen kann.

Jetzt ging es an die Demontage dieses speziellen Werkes.

Der Zustand war zwar stark verschmutzt, technisch jedoch ohne grobere Schäden.

Zwar handelt es sich hier um ein Farbbild, trotzdem ist alles grau-in-grau.

Nach einer Runde Staubsaugen, dem Abbau der Oktavkoppel und der Forteklappen, lagen die Registerklpappen (Mutzen) frei.

Hier sieht man die kleinsten Zungen beim Ausbau. Es handelt sich zwar um 4'-Zungen, jedoch der 4gestr. Oktave, letzter Ton c5.

Alles Bereit zum Ultraschallbad.

li: Nachdem alles restlos abgebaut war, konnte die Windlade gründlich gereinigt werden.

Das Ergebnis der Zungereinigung ist immer wieder eine Augenweide! Auf dem unteren Brett kann man schon den neuen Zungenfilz erkennen.

Die Ventile wurden gereinigt, talkumiert und anschließend gleich wieder in die Lade gesetzt.

Hier sieht man die Mutzen, welche wieder mit den frisch gereinigten Mutzenbändern (kleine Scharniere) bestückt wurden.

Nach dem Aufleimen der Zungenfilze und dem Einschieben der Zungen, folgte die Montage der Mutzen.

Scharniere und Befilzungen der Forteklappen wurden ebenfalls erneuert. Auch die Oberfläche erfuhr eine Überarbeitung.

Schon beim Ausbau kündigte sich hier eine größere Baustelle an. Der Zustand der Oktavkoppel war jammervoll.

Enorm verdreckt, gebrochenes Scharnier, Filze weggefressen und lockere Kapselstifte - so lautete die Diagnose.

Es blieb nichts anderes übrig, als quasi der Rückbau bis zum Ausgangspunkt - Brett, Wellen, Kapseln (Wellenhalter).

li: Schritt 2: Reinigung der Wellen.

re: Schritt 3: Anfertigung neuer Tuchlager (haltbarer als Filz).

Schritt 1: Reinigung der Wellenhalter und Kapselstifte.

li:

Schritt 4: Reinigung der Holzteile.

Schritt 5: Neues Scharnierband.

Schritt 6: Montage der Wellen.

re: Hier bin ich schon "ein wenig" weiter. Die Koppelschaltung ist fertig, ebenso die neuen Auflagen der Koppelringe an den Stechern. Die Überarbeitung der Oktavkoppel ist somit abgeschlossen

Zur Zwischenlagerung durfte das Werk schon einmal auf seinem Fundament Platz nehmen.

Doch auch die Klaviatur war irgendwann sauber und es ging mit der Registermechanik weiter. In den beiden nebenstehenden Bildern hat man einen guten vorher-nachher-Vergleich.

Hier bin ich mitten in der Reinigung der Klaviatur, welche mir endlos vorkam (6 Oktaven).

Nach Abschluss der Arbeiten an der Mechanik, wurde das "Interieur" aufbereitet.

Das Aufsetzen des Klaviaturrahmens bildete den Auftakt zu einer weiteren zeitraubenden Arbeit: dem Höhenausgleich der Klaviatur.

Jede Taste muss mit dünnen Papierplättchen so weit am Stecher aufgefüttert werden, bis alle Tasten in einer Flucht liegen.

Da war die Überarbeitung des Subbasskastens schon wesentlich handfester.

Der Dichtungsfilz war stellenweise weggefres-sen, die Verleimung der Ventile so schlecht, dass einige gleich ausbrachen.

Also auch hier zurück aufs Holz. Die Ventile wurden abgezogen, der alte Filz entfernt und die Fläche erst einmal vorsichtig abgerichtet.

Nach dem Wiederaufleimen der Ventile, wurde Filz in passender Stärke angebracht.

Auch die Zungenfilze und die Mutzen-belederung mussten erneuert werden, ...

... ebenso die Oberfläche.

Mit der Montage der Registermechanik und des Subbasskastens, waren die Arbeiten am Werk somit abgeschlossen.

Alles war bereit für den Einzug ins Gehäuse.

Immer wieder ein schöner Anblick und ein gutes Gefühl - Endspurt!

re: Liebe ist - den anderen immer überraschen können! So auch hier. Zur Stimmung der Subbasszun-gen, musste jedes mal der komplette Kasten entnommen werden. Das wäre sicher auch anders gegangen, Herr Estey!

Nach einem sehr zufriedenstellenden Testlauf, konnten die Vorbereitungen zur Stimmung getroffen werden.

Dazu zählen u.A. das Abkleben der Vox Human und des Subbass, sowie das Anbringen des Motoranschlusses. Hier wurde in vorhandener Tonhöhe gestimmt.

re: Da die Rückwand des Instrumentes über kein unteres Gehäusefries verfügt, hat die Wand eine gewisse "tragende" Funktion.

Die letzten Gehäusearbeiten waren nun fällig. Hier stehen beide Teile der Rückwand und sehen eigentlich ganz propper aus.

Doch sämtliche Verleimungen waren offen, sodass beide Wände neu verleimt werden mussten.

Der frisch schellackierte Deckel war nun gut durchgetrocknet und konnte auspoliert werden.

Auch die restlichen Oberflächen wurden nun überarbeitet.

Zum Schluss erhielt das Gehäuse neue Stoffbespannungen.

Auf den ersten Blick klanglich vielleicht nicht besonders vielfältig, dafür ausnehmend schön im Ton. Der große Klaviaturumfang gepaart mit der durchgehenden Superoktavkoppel, schafft jedoch viele Möglichkeiten, welche die Disposition erst nicht vermuten lässt.

Erbauer: Estey Organ Co, Brattleboro, USA

Baujahr: 1891

Style 2000 "Romaneque", 6 Oktaven

System: Saugwind

Disposition (Teilung h/c'):

Sub-Bass

Octave-Coupler

Violetta (4' p)

Vox Jubilante (8'+8')

Melodia (8')

Diapason (8')

Dolce (8')

Dulciana (8')

Viola (4')

Flute (4')

Forte I

Forte II

Vox Humana

Kniehebel: Grand Jeu / Forte