Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Niederbayern:
Leopold Nenninger + Albert Moser, München, Bj. 1916

Als ich im Frühjahr 2018 gerufen wurde, diese Orgel zu besichtigen, war ich nicht darauf gefasst "so etwas" vorzufinden. Das pneumatische Instrument befand sich inmitten einer Großbaustelle.

Ziel der Besichtigung war es festzustellen, ob die Orgel erhaltenswert im Sinne der Denkmalpflege ist, oder nicht.

Die erste Überraschung ergab gleich ein Blick auf den Spieltisch, welcher offenbarte, dass die Klaviatur in eine Bass- und eine Diskanthälfte geteilt war (e'/f' - wie beim Druckwind-Harmonium).

Leider war das Instrument zu diesem Zeitpunkt schon unspielbar, den Grund sollte ich später erfahren.

li: Der Klang der Register ließ sich nur durch Anblasen einzelner Töne erahnen. Im Bild sieht man eine Diskantpfeife des Bourdon 8'. Die Kernspalte weist eine starke Verzahnung auf, der rel. hohe Aufschnitt ist gewölbt und die Labiaumkante stark nach außen gezogen. Die Ansprache war überraschend spontan, der Ton sehr schön grundtönig.

li: Sauber aufgeräumt und in relativ gutem Zustand, präsentierte sich das Pfeifenwerk.

re: Blick in den stark verschmutzten Register-kanal der Diskantseite.

Ein paar Monate später erhielt ich dann den Auftrag, die Orgel auzubauen und einzulagern. Der Grund der Unspielbarkeit bei der Besichtigung lag übrigens daran, dass die komplette Windversorgung schon während der Bauarbeiten entfernt worden war. Auch das fehlende Register "Salicional 8'" wurde schon im Vorfeld verkauft.

li: Für den Abtransport der Teile, wurde eine Öffnung im fächendeckenden Gerüstboden geschaffen.

re: Um einen besseren Zugang zum Instrument zu haben, wurde als erstes der Spieltisch abgebaut.

li: Blick auf die abgeräumte Basslade.

re: Nach und nach füllten sich die Pfeifenbretter mit "Material".

Wie man hier gut sehen kann, war neben viel Schmutz auch akuter Holzwurmbefall ein Problem dieses Instrumentes (Diskantseite links, helle Häufchen neben den Mixturpfeifen).

li: Abgebaut bis auf die Windladen. Spannend war auch die Frage, wie die Lichtverhältnisse ohne Fentserab-deckungen sein werden.

re: Ein öfter bechsriebenes Problem der Orgel war, die langesame Ansparache der Tasten/Töne. Beim Abbau der restl. Windversorgung entdeckte ich, dass die Windzufuhr des Spieltisches duch einen toten Vogel "verstopft" war. Eigentlich ein Wunder, dass überhaupt noch was funktionierte.

re: Endlich Licht zum Arbeiten!

li: Orgelbau ganz einfach!

re: Am Ende blieb nur noch der Schacht für die Wind-versorgung in der Decke sichtbar.

Gestell auf den Boden, Laden drauf, Pfeifen drauf, Prospekt davor, Spieltisch anschließen - fertig! Die Pneumatiker hatten es schon leicht!

Dank der stabilen Laden- und flexiblen Trakturkonstruktion, spielte auch Statik keine große Rolle.

li: Nach dem Abbau, folgte der Abtransport. Hier "schwebt" gerade der Spieltisch zu Boden.

re: Obwohl die Orgel relativ klein ist, war das Kirchengestühl vor dem Abtransport mit Einzelteilen gut gefüllt.

unten: In einem sauberen und trockenen Raum, wurden sämtliche Orgelteile eingelagert.

Fazit:

Nach Abschluss der Arbeiten, war der Status der Orgel leider noch nicht geklärt. Da aber schon vor Jahren ein Ersatzinstrument angeschafft, schon Pfeifen verkauft und die Windversorgung abgebrochen wurde, habe ich wenig Hoffnung auf den Erhalt des Instrumentes. So verschwindet vermutlich eine weitere Dorforgel aus der Zeit des 1. Weltkrieges.

Bei meiner Begutachtung kam ich zum Schluss, dass diese Orgel erhaltenswert sei, weil:

1. man eine Orgel mit Bass-/Diskantteilung nicht oft findet.

2. die handwerkliche Substanz von guter Qualität ist.

3. die Orgel unverändert über 100 Jahre Bestand hatte.

4. das Klankonzept mit Klaviaturteilung, Sub- und Superkoppel, trotz kleiner Disposition sehr vielseitig ist.

Erbauer: Nenninger/Moser, München, Bj. 1916

Disposition: B/D

usw. ....

System: pneumatische Kegellade

Subbass 16'

Klaviatur Man.: C - g''', Teilung e'/f'

Mixtur 2 2/3' 2-fach

Mixtur 2 2/3' 2-fach

Klaviatur Ped.: C - f'

Gemshorn 4'

Gemshorn 4'

Salicional 8'

Salicional 8'

Bourdon 8'

Bourdon 8'

Prinzipal 8'

Prinzipal 8'

Pedal-Koppel

Volles Werk

Superoktav-Koppel

Sub-Oktav-Koppel