Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Reutte (A):
Pedalharmonium Lindholm "Orgelharmonium", Borna, Bj. 1952

Der Laderaum unseres Transporters war gut gefüllt, als wir die Einzelteile eines großen Lindholm Orgel-harmoniums in die Werkstatt holten.

Das sehr umfangreiche Instrument, war schon seit geraumer Zeit zerlegt und unspielbar und sollte nun restauriert werden.

Azubi Eric machte sich zuerst an die Reinigung der Gehäuseteile. Die hier aufliegende Gehäusewange war so schwer, dass sie allein kaum zu bewegen war.

li: Das Gehäuse wird im wesent-lichen von der Front, dem Bodenrahmen und dem Fundament-brett zusammen gehalten.

Die Oberfläche der Einzelteile wurde, wie die Garnierung der Koppeltritte, vor der Montage überarbeitet.

Die Technik hinter den Tritten, welche beim Niedertreten einrasten, ist sehr ausgeklügelt, durch die teils hohen Kräfte jedoch verschleißanfällig.

li: Das Wellenbrett für die Koppeltritte, ist mit Wellen aus 8mm Rundeisen bestückt. Sämtliche Lagerstellen wurden natürlich neu ausgetucht.

Das komplettierte Gehäuse war auch ohne Innenleben schon eine imposanten Erscheinung.

Hier haben die Füße einiges zu tun. 3 Koppeln, 2 Kollektivtritte für Grand Jeu und Forte, 3 Balanciertritte für die Schweller und ein Vollpedal mit 30 Tönen.

Nun folgte als erstes Werk die Pedallade. Die fünf Spiele sind im Schwellkasten versteckt.

Um die Bewegung der Pedaltasten an die Ventile unter den Zungen zu bringen, ist eine aufwändige Wippenkonstruktion nötig.

Hier sieht man die Lade komplett demontiert und ohne Zungen. Die Oberfläche wurde bereits aufpoliert.

Drei der fünf Zungenspiele durchliefen bereits das Ultrraschallbad.

Die Ventile waren sehr stark verrußt, aber in gutem Zustand (Bild nach der Reinigung).

Die Lade füllt den Fußraum des Instrumentes komplett aus und verdeckt die Wippen der Pedalmechanik.

Um die Funktion der Lade zu testen, brauchten wir eine intakte Pedalklaviatur, also ran an die Arbeit.

Von den Winkeln mussten ein paar erneuert werden, alle erhielten ein neues Filzpolster. Auch alle anderen Garnierungen wurden erneuert.

Nachdem auch die Oberfläche fertig war, strahlte sie wieder wie am ersten Tag.

li: Mit dem Aufbau des Schwellkastens, waren die Arbeiten am Pedal vorerst abgeschlossen.

re: Der "Keller" war fertig, nun folgte das "Erdgeschoss". Beim Einlegen des noch originalen Fundament-brettes stellte sich heraus, dass der bislang externe Motor, im Gehäuse untergebracht werden konnte.

Der erste Testlauf war sehr zufriedenstellend. Ohne Schwellkasten und weitere Aufbauten, hatte das Pedal im wahrsten Sinne des Wortes ein "durchschlagende" Wirkung ;-).

Zunächst wurde der Balg demontiert und die Platten gründlich gereinigt.

Der bislang nach hinten (zum externenMotor) gekröpfte Kanal samt Drossel, musste geändert werden.

Auch die Anschlüsse im Fundamentbrett mussten versetzt werden.

Die Platzverhältnisse waren nicht üppig, aber mit ein paar Tricks gelang der Einbau. Der vom Motor ausgeblasene Wind wird zurück in den schallgedämmten Kasten geführt und verursacht so am wenigsten Geräusche.

Nachdem die Fundamentplatte angepasst war, konnt der Magazinbalg neu aufgebaut werden.

Trotz Motor samt Kiste, ist es weiterhin möglich die Pedallade auszubauen, falls ein Zugang zu den Ventilen nötig ist.

In der Zwischenzeit war auch die Bank schon überarbeitet worden, sodass man nun schon am Instrument sitzen konnte.

Das "Erdgeschoss" - wo fang ich bloß an!

Bei solchen Mechaniken, sind Fotos später sehr hilfreich. Außerdem gibt es beim Zerlegen drei Regeln: Ordnung - Ordnung - Ordnung.

li: Doch endlich war es geschafft und die sieben Mutzen (Register- klappen) lagen frei.

Nach der Demontage der Registermechanik, folgten die Klaviaturen.

Beim Ausbau der Zungen zeigte sich auch hier ein sehr hoher Verschmutzungsgrad.

Offenbar wurde das Instrument lange Zeit als Kirchenorgel eingesetzt, denn auch die Ventile waren sehr stark verrußt.

Nach der Reinigung, sah die Lade schon "etwas" anders aus.

re: Dank Ultraschall, war die Reinigung der Zungen weitaus weniger aufwändig, als die der Ventile.

Drei Ventile pro Ton, macht allein für diese Lade 183 Ventile, welche gebürstet, ausgeblasen und talkumiert werden wollten.

Die gleichmäßige Verteilung von ca. 6mm Gang am Stecher auf alle Ventile, erforderte eine anspruchsvolle Ventilkonstruktion.

Hier sind die sauberen Zungen schon in neuem Filz gebettet.

Durchgehende Mutzen (über die kanze Klaviaturlänge gehende), wie sie oft bei Pedalharmonien vorkommen, sind meist etwas problematisch, da sich geringster Verzug ungünstig auf die Dichtung der Mutze auswirkt. Dank kleiner "Trennschnitte", gabe es hier aber kaum Probleme.

Für den weiteren Aufbau wurde das Werk schon mal ins Gehäuse gelegt.

Die Registerumlenkungen wurden alle gereinigt und neu gelagert.

Nach dem Einbau der Klaviaturtäger, kamen die Umlenkungen an ihren Platz.

Da an diesem Harmonium ein Norm-gerechter Pedaleinzug realisiert wurde, musste die Bewegung der Taste und des Stechers, über Hebel nach hinten versetzt werden.

Die Bewegung der Taste wird von einem kurzen Stecher auf den einarmigen Hebel übertragen. Der eigentliche Ventilstecher sitzt fast unter dem Waagpunkt der Taste.

Hier sieht man gut die ausladende Position des I. Manuals.

I. Manual mit aufgebautem Klaviaturrahmen des II. Manuals.

Das I. Manual bedient über Stecher (nach unten) die Lade darunter, das II. Manual bedient auch über Stecher (nach oben, noch nicht eingebaut) eine Lade darüber.

Am II. Manual hatte ich schwer mit verzogenen Tasten zu kämpfen.

Als nächster Schritt, kam die Überarbeitung der Registerschlatung.

Die Registerwippen leiten ihre Bewegung auf Eisenwellen um, welche über ein Gestänge die Mutzen heben.

Hier sieht man das "Lagerbrett" der Eisenwellen.

li: Nach dem gründlichen Entrosten und Konservieren, wurden alle Wellen mit neuen Tuchlagern wieder ins "Lagerbrett" eingepasst.

Die für Lindholm in dieser Zeit typischen Registerwippen nach der Reinigung.

Sieht harmlos aus, war aber eine Heidenarbeit, das fertige Registerwellenbrett. Nach dem Aufbau der Wippen, war die Arbeit hier getan.

li: Hier sieht man die Pedalkoppel im Urzustand. Vor lauter Rost ließen sich die Wippen schlecht bewegen.

Die im Originalzustand blanken Wippen, wurden entrostet, entfettet und zum Schutz schwarz lackiert.

Nun läuft alles seidenweich und auch der Rost hat keine Chance mehr.

Pedalkoppel: Die Zweite!

Der Filz an den Hebegliedern sah noch gut aus, aber alles andere musste ausgetauscht werden

Die Eisenwellen drücken von oben auf die Stecher. Die kompletten Wippenreihen können angehoben oder abgesenkt werden. Je nach Position, greifen sie unter das Tastenende der Manualtasten und heben diese an.

In diesem Bauteil wird entschieden, ob die Bewegung der Eisenwippen auf das I., das II. oder beide Manuale übertragen wird.

re: Wie schon das I. Manual, hatte auch das II. Manual zieben Zungenspiele. 5 x Pedal, 7 x I. Man. + 7 x II. Man. = 19 Zungenspiele.

Da das "Erdgeschoss" soweit fertig war, ging es nun an die Überaarbeitung des "I. Stocks".

Auch hier wurde natürlich alles ausgebaut und gereinigt, allerdings war der Verschmutzungs-grad wesentlich geringer als im I. Manual oder Pedal.

li: Da die Mensuren hier geringer waren, waren auch die Mutzen schmäler, was den Einbau nicht erleichterte.

re: Nun wurden alle Komponenten ( Reg.mech., Koppel und II. Man.) zum Test eingebaut.

Wie auch beim Pedal, sitzen die Spiele hier im Schwellkasten.

li: Der Test brachte ans Licht, dass die einmal grob gekürzten Stecher des II. Manuals zu kurz waren, was zu sehr wenig Tastenfall im diesem Manual führte.

Nachdem auch die Reguliermöglichkeit des II. Manuals die Differenz nicht ausgleichen konnte, mussten neue Stecher angefertigt werden.

Hier sieht man gut die wiederum aufwändige Konstruktion der Ventile, mit dem fast mittig sitzenden Stecher.

re: Hier steht das II. Manual kurz vor der Vollendung.

Die Koppelzüge sind noch "old fashioned", als richtige Registerzüge gehalten.

Da mehrere Anpassungen notwendig waren, war ich froh, dass die Registermechanik als kompakte Komponente konstruiert war. Der Ausbau ist kein großes Problem.

re: Während der Stimmung trat ein Heuler im I. Manual auf. Für die Regulierung konnte das komplette Werk (I. + II. Manual) samt Register-mechanik hochgeklappt werden.

Nachdem technisch alles lief, machte ich mich an die Stimmung der 19 Spiele.

Die zahlreichen hohen Register kosteten nicht nur Zeit, sondern auch Nerven. Hier die kleinste Zunge, das sechs-gestrichene C.

li: Nach dem Abschluss der Stimmung, folgte der Einbau der Pedalkoppel.

Stecher und Stecherführungen wurden neu befilzt.

Mit der Regulierung der Pedalkoppel, waren die Arbeiten fast abgeschlossen.

li: Hier ein Blick auf die Schwell-Jalousien. Jedes Werk hat seinen eigenen Schweller.

Nach langer und teils schwieriger Arbeit, begeistert das Instrument nun mit seinem bombastischen "Sound". Zwar bin ich kein Freund von Aliquoten im Harmonium, aber für dieses als "Orgel" konzipierte Instrument, sind sie unverzichtbar und liefern den gewissen Glanz.

Zu guter Letzt, stellte uns noch der Transport vor eine Herausforderung. Das eigens für dieses Instrument angeschaffte Fahrwerk, war in der Werkstatt prima, aber für die Lieferung ungeeignet, da das Haus an einem Hang lag und wir durch den Garten mussten. Außerdem reichte die Innenhöhe unseres Transporters nicht aus.

Erbauer: Lindholm, Borna, Bj. 1952

System: Saugwind

Die Lösung offenbarte sich in einem Mietanhänger mit Hebebühne. So konnten wir den Hang hinunter fahren und die Hebebühne entsprechend der daneben liegenden Terrasse ausrichten. Es war zwar immer noch ein Abenteuer, aber es hat geklappt.

Manuale: C - c'''' Pedal: C - f'

Disposition:

I. Man.:

II. Man.:

I. Man.:

Spielhilfen:

Großgedackt 16'

Dulcflöte 8'

Gedecktbass 16'

Pedalkoppel I/P

Bordun 16' -

Harfpfeife 8' -

Subbass 16' -

Pedalkoppel II/P

Gedeckt 8'

Pommer 8'

Bassflöte 8'

Manualkoppel II/I

Flötenprinzipal 8' -

Gemshorn 8' -

Oktave 8' -

"Alle Koppeln" - Tritt

Nachthorn 4'

Kleingedeckt 4'

Koppelflöte 4'

"Volles Werk" - Tritt

Oktave 4' -

Prästant 4' -

Choralbass 4' -

Schweller I. Man.

Rohrnasat 2 2/3'

Blockflöte 2'

Rohrpfeife 2 2/3'

Schweller II. Man.

Quinte 2 2/3' -

Prinzipal 2' -

Hohlquinte 2 2/3' -

Schweller Pedal

Waldflöte 2'

Terzflöte 1 3/5'

Flachflöte 2'

Superoktave 2' -

Kleinterz 1 3/5' -

Singend Cornett 2' -

Mixtur 2-fach -

Sifflöte 1'

Oktävlein 1' -

Zimbelflöte 1-fach

Quintzimbel 1-fach -

Volle Spiele sind mit einem kleinen Strich "-" am Ende markiert, Abschwächungen sind ohne Strich.