Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Furth bei Landshut:
V. Mustel, Orgue-Celesta, Bj. 1904

Immer wenn ein Mustel in die Werkstatt kommt, ist es wie mit einem neu entdeckten Schatz, man traut sich erst garnicht recht, Hand anzulegen. Nach Überwindung der anfänglichen Scheu besinnt man sich aber seiner Fähigkeiten und macht sich an die Arbeit.

So auch hier. Das Instrument spielte zwar, aber so richtig Freude wollte dabei nicht aufkommen. An jedem Ende zwackte was.

li: Da ich zu dem Zeitpunkt allein in der Werkstatt war, wurde der Aufzug zum Abnehmen der Celesta herangezogen.

oben: Schon mal gehört, jedoch noch nie gesehen - die SUPPRESSION im GJ

Hier sieht man die Mechanik dieser SUPPRESSION, die nichts tat, jedenfalls nicht das, was man erwartete.

Auch das "Forte expressif" hatte schon einmal bessere Zeiten gesehen.

Da auch ein paar Heuler das Instrument plagten, schritt der Ausbau weiter voran.

Das Percussionsregister verlor Wind durch ausgescheuerte und teilweise nicht mehr vorhandene Filze.

Die Leimung der Ventilbeläge hatte sich gelöst und das lose Leder verhinderte ein sauberes Schließen der Ventile.

Doch noch tiefer im Inneren waren weitere Mängel verseckt und so schritt der Ausbau... weiter voran.

li: Hier sieht man das ausgebaute Registerbrett von unten. An den Registerventilen fehlte... NICHTS.

li: Auch die Dichtwulst war größtenteils noch in Ordnung.

re: Lediglich die Vorderkante war stellenweise angescheuert, jedoch noch dicht. An ein paar anderen Stellen hatten die Motten die Wolleinlage etwas reduziert.

re: Die Regulierungen wurden einmal so verändert, dass sich GJ und Doppel-expression gegenseitig behinderten.

Die Doppelexpression war zwar intakt, ihre Wirkung jedoch unbefriedigend.

Wenn ich den erwische, der immer Dichtmaterial auf die (noch intakte!!) Dichtwulst klebt ....

li: Da auch die Balganlage ihre Schwächen hatte, schritt auch hier derAusbau weiter voran.

Mit dem Aufzug klappt das immer einwandfrei und sehr rückenschonend.

Der perfekte Zeitpunkt, einmal gründlich sauber zu machen.

li: In ausgebautem Zustand ist die Beurteilung nun kein Problem mehr.

Das Magazin machte noch einen guten Eindruck, alle Scharniere und Zwickel waren intakt und weich.

Anders sah es bei den Fangventilen aus, diese erinnerten mehr an dicken Karton als an geschmeidiges Leder.

li: Das Leder der Zwickel hatte seine besten Tage hinter sich und hatte wie hier schon mehrfach Risse. Doch der Eigentümer wollte die originale Substanz nicht angreifen und bestand auf eine Reparatur.

re: Anstatt den Zwickel außen mit Leder zu bekleben, gab ich ihm quasi ein Innenfutter, welches mit dem alten Zwickel nicht verleimt ist (nur an den Holzfalten). So bleiben beide Leder geschmeidig und die Substanz bleibt maximal erhalten. Aber vermutlich ist das keine Dauerlösung.

re: Zum Glück sind die Schöpfer auch von innen gut zugänglich, was mich auf eine Idee brachte.

li: Die nächste Schawchstelle am Balg, waren die Schöpfventile, welche hart und somit undicht waren.

re: Die kleinen Drahtbügel über den Ventile verhindern, dass sie sich zu weit öffnen oder gar überschlagen.

Gemäß der Vorlage, wurden neue Ventile aus Filz und Leder angefertigt.

re: Die "Balg-kammer" war inzwischen sauber, die Lagerstellen der Trittkreuze geschmiert.

Nach dieser Kur, war die Balganlage wieder bereit für den Einbau.

Mit abgeklebten Fangventilen, verlief der erste Test recht zufriedenstellend, Zwickel und Schöpfventile waren dicht.

Nun wurden auch die steifen Fangventile ausgetauscht.

Die von Motten ausgedünnten Stellen der Dichtwulst, wurden mit Rosshaar aufgefüttert.

Nach dem Einsetzen des Registerbrettes, konnte auch die Lade schon wieder montiert werden.

Die Überarbeitung der Percussion, wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Nachdem ich die Ventile gurchgesehen hatte, kamen die Tasten wieder ins Instrument.

Mit hauchdünnen Papierscheibchen (0,05mm), werden die Tasten ausgerichtet.

Hier läuft gerade die Einstellung des Prolongement.

Mich würde interessieren, was die Herstellung einer solch komplizierten Klaviatur heute kosten würde.

Blick auf die Unterseite des Klaviaturrahmens des Celesta-Manuals mit Manualkoppel.

Nun ging es an die Suppression. Dieser Zug deaktiviert das 16'-Spiel im GJ. Leider funktionierte das Teil aber nicht und es war schon vielfach daran herumgebastelt worden.

Da die Mechanik schwergängig war, wurde erst einmal alles zerlegt und gereinigt. Erstes Problem: die beiden Federn waren nicht identisch und verm. nicht original.

Einer der Registerdücker war schon einmal ersetzt worden, jedoch zu schwach, also musste ein neuer angefertigt werden.

Nachdem die richtige Anordnung der Teile auf der GJ-Welle gefunden und die richtige Federstärke ermittelt war, konnte die Welle wieder eingebaut werden.

Dann stellte ich aber fest, dass die vorhandene (nicht originale) Schaltleiste genau verkehrt herum arbeitete. Also musste auch hier ein Neuteil angefertigt werden.

Supp. aus (li): der Registerdrücker wird über die Welle und Feder mitbewegt, 16' ist im GJ an.

Supp. an (re): die Schaltleiste verhindert ein Mitdrehen des Registerdrückers, 16' ist im GJ aus.

Gegen die Arbeiten an der Suppression, war das Erneuern der maroden "Forte expressif"-Bälge richtig entspannend.

Damit die Falten in Form bleiben, ist das Leder auf der Innenseite mit Blaupapier beleimt.

Über den Winddruck in der Lade werden die Bälge angesteuert und bewegen so die Forteklappen.

Das Instrument ist noch nicht perfekt, aber auf einem guten Weg.

Dieses Mustel macht nun wieder das, was es am besten kann... es bereitet Freude beim Spielen und Zuhören.

Erbauer: V. Mustel, Paris,

Nachdem die Reparaturen alle abgeschlossen waren, ging es an die Einstellung der Doppelexpression, welche zu einem guten Ergebnis führte. Dichte Bälge und saubere Regulierung sind einfach das A und O.

Bj. 1904

System: Druckwind

Obermanual = Celesta

Unterm. = Kunstharmon.

Disposition:

Bass:

Diskant:

Forte fixe

0 Forte expressif

0 Forte expressif

Forte fixe

Metaphone

8 Harpe eolienne 8 Pds

Metaphone

Prolongement

7 Baryton 32 Pds

Manualkoppel

6 Voix celeste 16 Pds

Kniehebel:

5 Harpe eolienne 2 Pds

5 Mustette 16 Pds

Doppelexpression

4 Basson 8 Pds

4 Basson 8 Pds

3 Clairon 4 Pds

3 Clairon 4 Pds

Hackenhebel:

2 Bourdon 16 Pds

2 Bourdon 16 Pds

Ausl. Prolongement

1 Cor angalis 8 Pds

1 Cor angalis 8 Pds

Grand Jeu

1p Percussion et Cor. 8 Pds

1p Percussion et Cor. 8 Pds

S Suppression Bourd. & Clarin. Grand Jeu

E Expression