Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Wedel:
Victor Mazet, Brüssel, Bj. ca. 1910

Hier kam eines der seltenen V. Mazet Harmonien in unsere Werkstatt. Der Eigentümer hatte einige Mängel entdeckt, welche er behoben haben wollte.

Also machten wir uns an die Arbeit und begannen das Instrument zu zerlegen. Gleich zu Beginn fiel die sehr leichte Gehäusekonstruktion auf, welche aus teils aufwändig verleimten, dünnen Brettchen basiert.

Ein Mangel bestand darin, dass die Schwellwirkung teilweise gering, und der Bass zu laut war. Das lag unter anderem daran, dass die Forteklappen verzogen waren (im Bild) und nicht mehr richtig schlossen.

Unter den Klappen fand sich jede Menge Schmutz, welcher teilweise die Dichtung der Ventile behinderte.

Die Regulierung der Tasten und der Percussion war sehr unausgeglichen, was man sich anhand des Fotos (Filze!) gut vorstellen kann.

Undichtigkeiten an der Lade lagen u.a. an einer früheren "Qualitäts-Reparatur", bei welcher die originale Dichtwulst mit Fensterdichtung aufgedoppelt wurde.

re: Beim Ausbau des Balges war der Grund für teils starke Blasgeräusche und seltsames Pumpverhal-ten schnell gefunden - die Schöpfventile waren teilweise lose.

Hier sieht man das Expressionsventil, welches ebenfalls nicht richtig schloss.

Nach der Reparatur der Schöpfventile, widmete ich mich dem Expressionsventil. Im Bild sieht man die Dichtung, welche gemäß dem Original ersetzt wurde. Filz und Leder wurden auf das Ventil geleimt, so, dass das Leder lose auf dem Filz liegt = sehr flexible Dichtung.

Nachdem auch die Scharnierung des Ventils und die Rahmendichtung erneuert waren, konnte es wieder eingesetzt werden.

Dann ging es mit der Lade weiter. Beim Ausbau der Ventile wurden einige Risse im Bereich der Ventilschlitze entdeckt.

Wieviel Arbeit zwischen diesen beiden Bildern liegt, kann nur jemand erahnen, der schon einmal ein solches Harmonium zerlegt hat.

In Kurzform: Ventilstifte ausziehen, Waagbalken und Federn demontieren, Zungen ausbauen, alles abkleben, Zwingen setzen, Kanzellen mit Leim ausgießen - warten - Fläche abrichten, alles ausblasen, Ventilstifte setzen.

Nun konnten die gereinigten Ventile wieder Einzug halten, die Schnittstelle zur Percussion wurde mit neuen Filzen versehen.

Hier sieht man die vorderen Ventile, welche durch den Klaviaturrahmen abgedeckt werden. Die einzige Möglichkeit des Schallaustrittes ist mittig im Instrument, unterhalb der Klaviaturwaage.

Die hier angebrachten Schallklappen (nur etwa 3 cm hoch) sind mittels Leinenband direkt auf der Lade scharniert.

Die hinteren Ventile habe größere Klappen zu beiden Seiten.

Dank leichter Korrekturen und exakter Ausrichtung, schließen diese Klappen wieder perfekt.

Ein wahres Geduldsspiel, war die Einstellung der Mechanik. Ein einziger Hebel mit ca. 12mm Gang, öffnet über mehrere Umlenkungen alle drei Klappen gleichzeitig.

Am Registerbrett musste die Dichtschnur ersetzt werden, nachdem beim Abziehen der Fensterdichtung das alte Leder zerriss.

So hatte auch V. Mazet die Anschlussstellen überlappen lassen.

li: Kurz vor dem spannenden Moment. Ist die Lade dicht, passt die neue Dichtwulst, schließt das Expressions-ventil?? Fagen über Fragen.

Optisch schon mal ein Gedicht! Nun muss nur noch alles dicht sein.

Nachdem die Registermechanik noch korrekt eingestellt war, verlief der Testlauf zur vollsten Zusfriedenheit.

Nun kann diese Instrument wieder voll überzeugen. Die gute musikalische Ausstattung und der sehr schöne Klang machen dieses Mazet zu etwas Besonderem.

Erbauer: Victor Mazet, Brüssel
Manual C - c'''' (Teilung e'/f'):
Disposition:
O Forte
V Violoncelle
D Dolce
S Sourdine
4 Basson
3 Clairon
2 Bourdon
1 Cor Anglais
P Percussion
G Grand Jeu

Hier noch ein Blick von hinten. Die Balganlage wurde belassen, da sie in einem noch recht guten Zustand war. Mazet-typisch - die beiden Drehflügel-Tremulanten über den hinteren Spielen.

E Expression
P Percussion
1 Flute
2 Clarinette
3 Fifre
4 Hautbois
C Voix celeste
S Sourdine
V Violoncelle
O Forte
Kniehebel: Forte Bass / Forte Diskant