Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Bad Wiessee:
Thomas Organ, Woodstock, Canada, Bj. ca. 1895

Zu Beginn dieses Auftrages wusste ich ehrlich noch nicht, was da auf mich zukam. Vor mir stand ein prunkvolles Harmonium mit reichhaltiger Disposition.

Neben dem recht schlechten Allgemein-zustand, waren vorallem die fehlenden Resonatoren zu beklagen, welche diesem Instrument eigentlich einen runden und vollen Klang verleihen.

Also machte ich mich als erstes daran, diese Resonatoren zu ersetzen. Zum Glück hatte ich ein ähnliches Harmonium zur Verfügung, von welchem diese Teile kopiert werden konnten.

Nach der Anfertigung folgte die Einpassung. Bis dahin sah noch alles ganz gut aus.

Aber dann ging es an das Zerlegen des restlichen Instrumentes. Nachdem die verzwickte Gehäusekonstruktion durchschaut war, ging der Ausbau schnell vonstatten.

Dann kam der Ausbau des Balges, und schon eine mehrfach gebrochene Fundamentplatte lies auf nichts Gutes darunter schließen.

So war es dann auch. Jedes Teil, welches ich in die Hand nahm, war gebrochen, beschädigt oder verbastelt.

Aber auch diese Arbeit ging vorüber und so kam ich schließlich doch noch zum Zusammenbau. Hier entstehen bereits die Schöpfer neu.

Nachdem auch das Magazin bespannt war, folgten die neuen Schöpfventile und die Eckverstärkungen.

Zusammen mit der Fundamentplatte und den Gurtrollen, wir der Balg incl. Schöpferfedern zu einer Einheit verschraubt.

Mit wenigen (kräftigen) Handgriffen wurde der Balg ins vorbereitete Gehäuse gehievt.

Nun ging es beim erbärmlich aussehenden Werk weiter.

Ein Wasserschaden hatte sich mit dem üppig vorhandenen Schmutz zu einer dicken Dreckschicht verbacken.

Nach der Demontag aller Teile, war dann erst einmal eine gründliche Reinigung angesagt.

Hier leigen die ausgezogenen Zungen, getrennt nach Bass und Diskant.

Auch die Ventile mussten weichen. Hier sieht man links die Zusatz-Ventilschlitze für den Diskant-2'.

Viele der stark korrodierten Mutzenbänder (Scharniere für Registerklappen), waren nur noch mit der Zange zu bewegen.

Nach dem Ultraschallbad und "etwas" Nachbehandlung, liefen alle Bänder wieder einwandfei.

li: Risse ausgespant, Oberfläche neu, Zungenfilze neu, schon sieht die Lade wieder appetitlich aus.

re: Nach dem Einschieben der gereinigten Zungen, konnten auch die überarbeiteten Mutzen wieder fein säuberlich montiert und mit der Registermechanik verbunden werden.

Viele Stunden später, waren dann auch die Oktavkoppeln wieder in einem einwandfreien Zustand. Auch die Resonatoren wurden nun angebaut.

An der Klaviatur wurden die Waag- und Anschlagfilze erneuert, die Beläge poliert und die Tasten nach dem Aufsetzen des Klaviaturrahmens gerade gelegt.

Nun kam die völlig zerschlissene Registermechanik zur Überarbeitung, welche nach mehrtägiger Arbeit wieder in neuem Glanz erstrahlte.

Das Einsetzen des Werkes markiert immer wieder einen großen Schritt in Richtung Fertigstellung.

In spielbereitem Zustand, konnten nun dem Instrument die ersten Töne entlockt werden.

Gleich darauf wurden die fünf Spiele in originaler Tonhöhe gestimmt.

In rund 170 Arbeitsstun-den erstand aus einem dekorativen Möbel ein prachtvolles Instrument mit imposantem Klang.

Erbauer:

Thomas-Organ & Piano Co.

Woodstock, Bj. ca. 1895

System: Saugwind

Vor der Montage der restlichen Gehäuseteile, wurden die Stoffbespannungen erneuert.

Disposition:

Bass:

Diskant:

Kniehebel für Grand Jeu und Forte

Bourdon 16 ft

Piccolo 2 ft

Diapason 8 ft

Melodia 8 ft

Piano 8 ft

Echo 8 ft

Principal 4 ft

Viol d'Gamba 8 ft

Hautboy 2 ft

Flute 4 ft

Aeoline 2 ft

Clarionet 16 ft

Viol d'amour 4 ft

Bass Coupler

Treble Coupler

Forte

Vox Humana