Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Oberschweinbach:
Burger, Leipzig, Bj. 1928
Dieses Harmonium war ein eBay-Kauf. Für 100,- € konnte ich es aus einer Garage bei Landsberg abholen.
Komplett unspielbar und einen seltsamen Geruch absondernd, so lässt sich der Zustand beschreiben.
Das dreispielige Werk kurz nach der Demontage. Der Werkrahmen wurde mit allerlei Material beklebt um ihn dicht zu bekommen. Gut sichtbar auch die vollkommen desolate Perkussion.
Bevor es an das Innenleben ging, wurde erst einmal das Gehäuse wieder in einen ansehnlichen Zustand gebracht. Nach dem Abbeizen, Defekte beheben und Nachbeizen wurde Klarlack in mehreren Schichten aufgetragen. Da das Instrument später zumVerleih stehen sollte, verzichtete ich bewusst auf die Wiederherstellung der Schellackoberfläche. Dann ging es aber auch gleich mit dem Balg los. Die alte Beleimung hielt hier besonders hartnäckig, dadurch gestaltete sich das Ablösen entsprechend aufwändig. Im Bild ist diese Arbeit jedoch schon wieder vergessen und der Neuaufbau in vollem Gange. Einige Stunden später sah der Balg dann schon wesentlich besser aus. Gute Vorarbeit, beste Materialien und exakte Verarbeitung sind DIE Voraussetzungen für einen guten Harmonium-Balg.
Nach dem Balg stürzte ich mich gleich auf die Lade. Im Bild ist sie bereits komplett ab- und ausgeräumt. Die Montageflächen der Zungen wurden mit einem Schleifklotz abgerichtet, die restlichen Flächen angeschliffen. Dann wurde wieder Schellack aufgebracht. Hier sind die frisch belegten Ventile bereit wieder an ihrem Platz. Alle Filz und Lederteile an diesem Instrument wurden ausgetauscht. So auch die Filzpolster an den Wippen und die Lederbündchen zum Ventil. Damit man auch wieder ein "neues" Spielgefühl bekommt, wurden die Tasten neu garniert. So nennt man das Austauschen der Filzführungen der Tasten. Nach diesem Arbeitsdurchgang ging die Klaviatur zum Spieltischbauer um neu belegt zu werden.
re: Auch die Durchfüh-rung der Mechanik unter den Ventilwippen war völlig ausgeschlagen und musste erneuert werden.
Größter Brocken an der Lade war wohl die Perkussion. Hier sieht man sie noch montiert im Originalzustand. Allerdings sieht man nicht, dass kaum eines der Hämmerchen freiwillig in die untere Position fiel. Gabelklötzchen mit Zungen in ausgebautem und überarbeitetem Zustand. Achsen gangbar machen, neue Fängerleder, Federn richten, neue Dämpferfilze nebst Lederdichtung und die Gleitflächen frisch graphitieren waren hier die Arbeitsschritte.
Die fast fertige Perkussion. Genauso wichtig wie die freie Beweglichkeit aller Teile ist die exakte Regulierung dieser Mechanik und deren Abdichtung. Das Registerfundament wurde zwischendurch überarbeitet. Nachdem eine neue Dichtwulst angefertigt und die Lade leicht abgetichtet wurde, gab es auch mit der Dichtheit kein Problem. Hier noch einmal die Ansicht des Registerfundamentes mit neuer Dichtwulst.
Nach dem Aufsetzen der Klaviatur und der Registermechanik wurde die Perkussion regulier und alles gründlich auf 440 Hz gestimmt.
Das Instrument vor und nach der Überarbeitung. Zwischen den beiden Bildern liegen ca. 270 Arbeitsstunden.
Nach Abschluss der Arbeiten steht das Instrument nur für Konzerte zur Verfügung. Bestens bewähr hat es sich unter anderem für Einsätze bei G. Rossini's Petite Messe Solennelle.